Im Rahmen von Nachverdichtungen entstehen in Hamburg in den nächsten Jahren 2.200 Wohnungen an Einzelhandelsstandorten, darunter rund 460 Wohnungen in Rahlstedt. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Dirk Kienscherf hervor. In Rahlstedt ist ein solches Projekt der “Discounter-Plus-Wohnen-Strategie” bereits im Bau: Im Spitzbergenweg in Meiendorf entstehen ein neues Nahversorgungszentrum mit 130 Wohnungen darüber (siehe Foto). Das Vorhaben ist beispielgebend für weitere derartige Vorhaben in Rahlstedt.
Die 23 Projekte wurden zum überwiegenden Teil an Standorten von Lebensmitteleinzelhändlern initiiert. Darüber hinaus konnten in den Bezirken 30 weitere Standorte identifiziert werden, die für diese effiziente Art der Nachverdichtung in städtischen Lagen grundsätzlich geeignet sind. Im Zuge der Projekte erfolgt in der Regel ein Abriss der Bestandsgebäude. Anschließend werden vor Ort Immobilien mit Wohn- und Gewerbeflächen neu errichtet.
Der Stadtteil Rahlstedt ist mit vier Standorten dabei, hinzu kommt der Standort Berliner Platz in Hohenhorst (Jenfeld):
Betrieb | Bezirk | Stadtteil | Belegenheit | Stand | Wohneinheiten | Art der Entwicklung |
Edeka | Wandsbek | Rahlstedt | Spitzbergenweg 14-36 | Im Bau | 130 | Neubau |
Penny | Wandsbek | Rahlstedt | Spitzbergenweg 36d | In Planung | 30 | Neubau |
Penny | Wandsbek | Rahlstedt | Hegeneck 5 | In Planung | 113 | Neubau |
Rewe | Wandsbek | Rahlstedt | Stapelfelder Straße 86 | In Planung | 190 | Neubau |
Aldi | Wandsbek | Jenfeld | Berliner Platz | In Planung | 140 | Neubau |
Dazu Dirk Kienscherf, Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion: „Eingeschossige Supermärkte mit riesigen Parkplätzen sind eine nicht mehr zeitgemäße Platzverschwendung. Mit unserem Ansatz, in innerstädtischen Lagen Wohnungen über Supermärkten und Discountern zu errichten, haben wir dringend benötigten Wohnraum geschaffen. 2.200 neue Wohnungen sowie 30 weitere potentielle Standorte machen deutlich, dass Hamburgs ‚Discounter-Plus-Wohnen-Strategie‘ erfolgreich ist und weiteres Potential bietet. Als wachsende Großstadt sind wir auf innovative Ideen und Konzepte angewiesen, wenn wir mit dem steigenden Flächenbedarf Schritt halten wollen. Die Zahlen zeigen: Die Zusammenarbeit mit Discountern und Supermärkten hat sich bewährt. Deshalb werden wir den eingeschlagenen Kurs weiter fortsetzen und ein nachhaltiges Flächenmanagement im Sinne einer sozialen Wohnungsbaupolitik betreiben.“
Der Rahlstedter SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Ole Thorben Buschhüter ergänzt: “Rahlstedt ist bei der Umsetzung der ‚Discounter-Plus-Wohnen-Strategie‘ ganz vorne mit dabei. Am Spitzbergenweg ist ein solches Projekt bereits im Bau. Hier entstehen nicht nur moderne Einkaufsmöglichkeiten für den wachsenden Stadtteil, sondern auch 130 attraktive Wohnungen auf schon vorher bebauter Fläche. Der Anteil von 30 Prozent öffentlich gefördertem Wohnungsbau ist ganz besonders hervorzuheben. So stellen wir uns das auch an den anderen Standorten vor, die noch in Planung sind. Wohnungsbau ist kein Selbstzweck, sondern es geht dabei darum, dass alle, die in unserer Stadt leben wollen, sich dies auch leisten können. Bezahlbare Wohnungen sind für uns eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Wohnungsknappheit treibt die Mieten in die Höhe und grenzt diejenigen aus, die diese Mieten nicht bezahlen können. Gegen solche unsichtbaren Stadtmauern hilft nur der Bau von genügend, auch genügend bezahlbaren Wohnungen. Dabei setzen wir in Rahlstedt auf die Nutzung von alten und neuen Brachflächen und die behutsame Weiterentwicklung im Bestand.”
Schriftliche Kleine Anfrage “Nachverdichtung von Einzelhandelsstandorten” und Antwort des Senats vom 15. September 2020, Drucksache 22/1335: https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/72495/nachverdichtung_von_einzelhandelsstandorten.pdf
Hallo Ole,
danke für den Artikel. Wer ist der Vermieter für die Wohnungen im Spitzbergenweg?
Gruß
Martin
Lieber Martin,
Bauherrin ist die Firma Ferox: https://www.ferox-ig.de/spitzbergenweg.html. Sobald von ihr ein Maklerbüro mit der Vermietung beauftragt wurde, werde ich darüber berichten.
Viele Grüße
Ole
Danke für die schnelle Antwort.
Guten Tag!
Heißt das jetzt, dass der Penny Markt am Spitzbergenweg doch noch neu gebaut und Wohnungen oben drauf gebaut werden? Mein letzter Stand war, dass die Verantwortlichen von Penny das nicht wollten. Das wird dann aber wohl erst passieren, wenn der Edeka wiedereröffnet hat, hoffe ich. Jeden Tag bis zu Lidl, Aldi oder Netto zu laufen ist für viele ältere Leute sicher nicht so toll. Und apropos Edeka, so wie der Baufortschritt am Spitzbergenweg aussieht, dürfte das Gebäude, in dem Edeka rein soll, als erstes fertiggestellt werden. Besteht da denn die Möglichkeit, dass Edeka schon wiedereröffnet, bevor die Gebäude links und rechts davon fertig sind?
Absehbar soll das so kommen, ja. Deshalb umfasst der neue Bebauungsplan Rahlstedt 130 (Spitzbergenweg) auch die Penny-Fläche, um eine Neubebauung zu ermöglichen, mit Wohnungen in Obergeschossen, wie nebenan, wo bereits gebaut wird. Konkrete Absichten des Eigentümers, von diesem Baurecht Gebrauch zu machen, sind mir allerdings nicht bekannt. Insofern ist nicht damit zu rechnen, dass auf der Penny-Fläche gebaut wird, solange der Edeka-Markt noch nicht wiedereröffnet wurde. Der Fortschritt auf der Baustelle Spitzbergenweg ist in der Tat beachtlich. Ob der Edeka-Markt schon wieder eröffnen kann, während anderswo auf dem Gelände noch gebaut wird, werde ich mal beim Bauherrn erfragen. An sich bestünde ja auch ein wirtschaftliches Interesse daran, weil dann schon früher Mieteinnahmen erzielt werden könnten. Die Frage ist möglicherweise, ob dann auch schon die Anlieferung und die Parkplätze zur Verfügung stehen.
Liebe Ole,
die Jubeltöne – eine Grundstimmung aller Deiner Mitteilungen – ist zumindest was die Planung in Rahlstedt-Ost am Hegeneck betrifft, nicht angemessen. Die aviserten Bauten sollen teilweise so hoch sein wie die zu recht sehr frei auf der Wiese stehenden Neungeschosser und werden aus dem jetztigen freien Platz ein windiges Schattenloch machen, das an eine mittelalterliche Trutzburg erinnert. (Maximale Rendite trotz Sozailbauanteil?) Zwar sind Kinderspielplätze auf dem Dach geplant, aber keine Kneipe oder andere soziale Einrichtungen, die das kleine Zentrum von Rahlstedt Ost aufwerten würden.
Tobias Gohlis
Liebe Tobias,
ich bin ein grundsätzlich positiv denkender Mensch. Zur Planung am Hegeneck wurden in der Öffentlichen Plandiskussion am 30. Oktober 2017 zahlreiche Aspekte und auch Kritikpunkte vorgetragen und erörtert. Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen. Für soziale Einrichtungen wie Kneipen muss sich allerdings immer auch jemand finden, der es macht und für den es sich rechnet. Für meinen Geschmack, aber darüber lässt sich natürlich gut streiten, kann eine Neubebauung des ja doch sehr tristen Nahversorgungszentrums Hegeneck dem Standort sehr gut tun.
Viele Grüße
Ole Thorben Buschhüter
Auweia,
das vorerst letzte Wort kam kürzlich vom aktuellen Vorhabenträger im Regionalausschuss Rahlstedt: In der 2-3-jährigen Bauphase wird es keine Nahversorgung in Rahlstedt-Ost geben. Er verweist auf die Möglichkeiten im Zentrum von Rahlstedt und bietet einen wöchentlichen Shuttle-Service an. Für motorisierte Bewohner ist das sicher kein Problem. Auch Lieferservice und Online-Handel können profitieren. Nichtmotorisierte Bewohner können den ÖPNV benutzen und sich die größeren Einkäufe in die Wohnung liefern lassen (Edeka bietet diesen Service). Warum soll dies nicht auch dauerhaft funktionieren? Dann braucht das HegenCenter keinen Lebensmittelmarkt. An diese Stelle könnten medizinische und soziale Angebote sowie auch gastro-nomische Nutzungen treten. Nur so kann erfolgreich nach Betreibern gesucht werden. Übrigens entstand die Tristesse des heutigen Nahversorgungs-zentrums erst vor 10 Jahren. Ob es dem Standort sehr gut tun würde, dies jetzt in einen Neubau zu transferieren, ist eine sehr berechtigte Frage.
Oha,
das vorerst letzte Wort sprach der Projektentwickler am 26.08.2020 im Regionalausschuss: während der 2-3-jährigen Bauphase kann er eine Nahversorgung nicht ermöglichen, denn geeignete Flächen stehen nicht zur Verfügung oder er ging zum Bahnhof, aber der Zugverkehr war schon lange eingestellt. Sein gewöhnungsbedürftiger Ausweg: ein Imbisswagen an der Baustelle und ein wöchentlicher Shuttle-Service z.B. zum Rahlstedt-Center. Nichtmotorisierte und ortskundigere Bewohner werden sicher die ÖPNV -Angebote bevorzugen, denn sie lieben die Unabhängigkeit. Der beschwerliche Transport der Einkäufe könnte entfallen, wenn man sie bei Edeka am Vormittag erledigt und den Transport bis in die Wohnung bestellt. An diese Möglichkeit könnte man sich sogar schnell gewöhnen, denn auch in Rahlstedt-Ost können die Wege zwischen Wohnung und Hegeneck lang und beschwer-lich sein. Im künftigen HegenCenter würde ein Lebensmittelmarkt deshalb nicht vermisst werden. Die Fläche könnte dann für andere Nutzungen wie Gastronomie, Serviceeinrichtungen und Dienstleistungen verwendet werden. Ich denke, dass Bemühungen um Betreiber nur erfolgreich sein können, wenn solche Flächen im Angebot sind (“von nichts kommt nichts”). Zum Schluss noch der Hinweis, dass die beklagenswerte Tristesse am Hegeneck erst vor 10 Jahren geschaffen wurde und nicht erkennbar ist, warum es dem Standort gut tun soll, wenn für die vorhandenen Läden eine Neubaufläche
entsteht.
Dass Rahlstedt-Ost den vorübergehenden Wegfall der Nahversorgung während der Bauarbeiten angesichts der auch mit Bussen gut erreichbaren Supermärkte und Discounter in der Umgebung verkraften würde und Übergangslösungen daher gar nicht unbedingt erforderlich sein könnten, ist ein interessanter Gedanke. Ob allerdings der dauerhafte Verzicht auf ein Nahversorgungsangebot in Rahlstedt-Ost für das Quartier eine gute Entscheidung wäre, möchte ich doch sehr bezweifeln. Der Neubau eröffnet die Chance, neue Wohnungen an einem Standort zu bauen, der bereits bebaut und erschlossen ist, und die Nahversorgung dauerhaft zu sichern. Im HegenCenter sollen im Übrigen nicht nur der Penny-Markt neu entstehen, sondern insgesamt 8 Gewerbeflächen unterschiedlicher Größe im Erdgeschoss und Praxisflächen im 1. Obergeschoss des südlichen Gebäudeteils. Es geht also nicht um eine Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch, was andere Nutzungen angeht.
In meinen Gedankenspielen kommt ein dauerhafter Verzicht auf Nahversorgungsangebote bisher nicht vor. Ich warte weiterhin ab, welche Gewerbeflächen dafür entstehen und welche Mieter sich dafür interessieren werden. Sicher ist dabei allerdings, dass der PENNY-Markt an diesem Standort für sich keinen Erbhof reklamieren kann. In den Vorstellungen des aktuellen Vorhabenträgers zur angemessenen Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner während der Bauphase spielt der PENNY-Markt keine Rolle. Mit diesen Vorstellungen befasst sich bereits der Regionalausschuss Rahlstedt. Konkrete Regelungen bleiben abzuwarten. Also gibt es gegenwärtig keinen Grund zur Sorge.
Gut, dass Sie das noch einmal klargestellt haben.
Sehr geehrter Herr Gohlis,
der Hinweis von Herrn Buschhüter ist richtig: in der öffentlichen Planvorstellung am 30.10.2017 wurden viele Aspekte vorgetragen und erörtert. Dazu gehörte vor allem die massive Kritik an der Masse, Höhe und Standortverträglichkeit der Bebauung. Diese Kritik blieb aber ohne Wirkung. Das Totschlagargument der Bedeutung des Wohnungsbaus ließ nicht einmal Alternativen zu. Insofern darf man auf “das letzte Wort” sehr gespannt sein. Ihre Wahrnehmung als Trutzburg mit Dachspielplatz und Kundenparkplätzen im Innenhof ist also nicht neu. Ob die künftigen Mieter und Eigentümer dies als wohnverträglich empfinden, wird der Vorhabenträger bei der späteren Vermarktung merken. Er wirbt schon jetzt mit einem “naturnahen” Standort in Rahlstedt.