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Im Zuge der Umweltverträglichkeitsuntersuchung für das Planfeststellungsverfahren zum Bau der neuen S-Bahn-Linie S4 nach Bad Oldesloe haben Ende Juli Voruntersuchungen der Bodendenkmalpflege in den Naturschutzgebieten Stellmoorer Tunneltal und Ahrensburger Tunneltal entlang der bestehenden und auszubauenden Eisenbahnstrecke zwischen Hamburg und Ahrensburg begonnen. Am Donnerstag besuchten der Rahlstedter SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Ole Thorben Buschhüter und der Stormarner SPD-Landtagsabgeordnete Tobias von Pein die Ausgrabungsstellen beiderseits der Grenze in den Naturschutzgebieten Stellmoorer und Ahrensburger Tunneltal.

Zuvor hatte Buschhüter an den Hamburger Senat eine Kleine Anfrage gerichtet, durch die er weitere Details zu den Ausgrabungen erfuhr. Danach wird in Zusammenarbeit des Archäologischen Museums Hamburg/Helms-Museum mit dem Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein für die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung ein archäologisches Fachgutachten erstellt, um die bodendenkmalpflegerischen Belange, die durch das geplante Bauvorhaben berührt werden, präzise fassen und bewerten zu können.

Es handelt sich um kleinflächige Grabungen, die maschinell als Baggerschnitt bzw. händisch als Schürfung oder Grabung angelegt werden. Hinzu kommen Bohrungen am Rand verlandeter Seen oder Toteislöchern. Die archäologischen Voruntersuchungen betreffen allein in Hamburg insgesamt 33 Flurstücke in den Gemarkungen Meiendorf und Oldenfelde. Alle Flurstücke liegen im für die Umweltverträglichkeitsprüfung ausgewiesenen Untersuchungsraum im Trassenkorridor der Bahnlinie S4. Bei ihrem Besuch bekamen Buschhüter und von Pein auch erste Fundstücke zu sehen: Deutlich erkennbare Pfeilspitzen und Steinklingen zeigen, dass in unserer Nachbarschaft schon vor 14.000 Jahren Menschen lebten.

Alle archäologischen Maßnahmen werden im Auftrag der DB Netz AG in enger Kooperation mit der Bahn, den Naturschutzämtern und -verbänden sowie den Grundeigentümern durchgeführt. Die Voruntersuchungen sind zwischen der DB Netz AG sowie den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein als Bestandteil des geschlossenen Teil-Finanzierungsvertrags vereinbart und werden noch bis Ende Oktober 2015 andauern.

Ole Thorben Buschhüter: „Die archäologischen Voruntersuchungen unterstreichen, mit welcher Ernsthaftigkeit und Gründlichkeit die S4-Planung vorangetrieben wird. Die Bodendenkmalpfleger zeigten sich sehr zufrieden damit, schon jetzt ans Werk schreiten zu dürfen, denn würde man erst während der eigentlichen Bauarbeiten archäologische Befunde feststellen, würde dies zwangsläufig zu Bauunterbrechungen führen. Durch die Voruntersuchungen bekommen wir weiteren Aufschluss über kultur- und naturhistorisch wichtige Abschnitte der Siedlungs- und Entwicklungsgeschichte unserer Region, die sonst wohl nicht oder erst bei späterer Gelegenheit zu Tage treten würden.“

Tobias von Pein: „Die Vorarbeiten zum Bau der S4 sind im vollen Gange, und das ist gut so. Die geschichtlich besonders interessante Region um das Stellmoorer und Ahrensburger Tunneltal rückt im Zuge des Baus nochmal mehr ins Bewusstsein. Das besonders hohe Engagement der Archäologen zeigt, dass hier Dokumente für die Nachwelt gesammelt werden. Ich bin mir sicher, dass dieses Wissen über unsere Siedlungs- und Entwicklungsgeschichte für die Nachwelt gut festgehalten wird. So schriebt das verkehrspolitisch wichtige Zukunftsprojekt S4 schon jetzt Geschichte.“

Das Stellmoorer Tunneltal stellt ein archäologisches, geologisches und ökologisches Denkmalensemble von internationaler Bedeutung für die Erforschung der Besiedlungsgeschichte während der späten Eiszeit ca. von 12.700 bis 9.700 vor Christi dar. Dies ergibt sich aus der topographischen Gesamtsituation und den für den nördlichen Bereich dokumentierten außergewöhnlich guten Erhaltungsbedingungen für archäologische Funde. Die daraus zu gewinnenden wissenschaftlichen Erkenntnisse berühren gleichermaßen die Interessen von Quartärgeologen, der Paläoökologie und -klimatologie. Das kombinierte Vorkommen von optimal erhaltenen Ressourcen für die wissenschaftliche Erschließung der Kultur- und Naturgeschichte ermöglicht einzigartig eine umfassende Rekonstruktion der späteiszeitlichen Besiedlungsphase Nordeuropas durch den anatomisch modernen Menschen. Dies gilt für den Talabschnitt auf Hamburger Staatsgebiet ebenso wie für die nördlich angrenzenden Bereiche in Schleswig-Holstein. Auch aus späteren Zeiten liegen Fundstellen im Bereich des Tunneltales vor. So ist beispielsweise mit bronze- oder eisenzeitlichen Urnengräberfeldern zu rechnen. Im Bereich der Bahntrasse liegen eisenzeitliche Siedlungsplätze, hier die Fundplätze Meiendorf 17 und 18, die im Vorfeld der Anlage der Mülldeponie Höltigbaum teilweise untersucht worden sind. Außerdem sind auch Funde aus dem Mittelalter bekannt.

Zum Projekt: Die Strecke zwischen Hamburg und Bad Oldesloe ist eine der am meisten befahrenen Pendlerstrecken rund um die Hansestadt. Zwischen 2000 und 2010 hat die Anzahl der Reisenden auf diesem Abschnitt um 50 Prozent zugenommen. Um den Weg in die Stadt, aber auch nach Schleswig-Holstein zu erleichtern, wird die S4 gebaut – für schnellere Verbindungen, weniger Umstiege und mehr Komfort. Nicht nur das nordöstliche Umland wird damit besser erschlossen, auch der Hamburger Hauptbahnhof als bisheriges „Nadelöhr“ wird entlastet und der S-Bahnverkehr in die Innenstadt noch weiter verstärkt. Die Deutsche Bahn ist von der Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein mit den Planungen der S4 beauftragt.