Die Deutsche Bahn wartet mit einer echten Innovation beim Lärmschutz an Eisenbahnstrecken auf: transparente Schallschutzwände mit höchsten Schallschutzeigenschaften. Kürzlich haben sie die Zulassung vom Eisenbahn-Bundesamt erhalten. Noch in diesem Jahr sollen sie beim Bau der neuen S-Bahn-Linie S4 zum Einsatz kommen. Ein großer Gewinn für Fahrgäste und Anwohner zugleich und auch eine deutliche Verbesserung im Vergleich zum Status quo.
Das MetaWindow wurde von der Deutschen Bahn gemeinsam mit dem italienischen Startup Phononic Vibes von der Forschung bis zur Zulassung entwickelt. Es kombiniert die lärmabsorbierenden Eigenschaften herkömmlicher Wände mit den optischen Vorzügen transparenter Schallschutzwände. Schlüssel dafür ist der Einsatz von Metatechnologie, die durch eine spezielle Geometrie des Schallschutzsystems den akustischen Wirkungsgrad im Vergleich zu herkömmlichen Lärmschutzsystemen erhöht.
“Lärmschutzwände, wie wir sie bislang kennen, sind Fluch und Segen zugleich: Sie erfüllen ihren Zweck, sind aber alles andere als eine Augenweide. Dass sie häufig noch während des Aufbaus ehrenamtlich gestaltet werden, gegen den Willen der Bahn und der allermeisten anderen, macht die Sache nicht besser. Ich freue mich, dass es der Deutschen Bahn gelungen ist, diesen Konflikt durch neu entwickelte hocheffektive transparente Schallschutzwände zu lösen, und dass diese Innovation beim Bau der S4 noch in diesem Jahr zum Einsatz kommen wird. Das ist ein wirklicher Durchbruch und kann für deutlich mehr Akzeptanz von Eisenbahnprojekten sorgen. Und angeblich sind die neuen Wände auch nicht geeignet, bemalt zu werden”, sagt der Rahlstedter SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Ole Thorben Buschhüter.
Auch im Bereich Hammer Straße in Marienthal, wo im Zuge des S4-Baus bereits herkömmliche Schallschutzwände aufgestellt wurden, sollen diese durch die neuen transparenten Wände ausgetauscht werden. Hierfür können die vorhandenen Stahlpfosten weiterverendet werden, es müssen nur die Aluminiumelemente ersetzt werden.
Mehr Infos zum Thema Lärmschutz für die S4: https://www.s-bahn-4.de/laermschutz
Die innovative Metatechnologie absorbiert durch ihre spezielle Geometrie gezielt bestimmte Frequenzbereiche und sorgt kombiniert mit klassischem Absorptionsmaterial für eine hohe Schallreduktion. Das MetaWindow ist die erste Wand auf dem Markt, die im Bereich der Schallabsorption als hochabsorbierend klassifiziert ist, eine Schalldämmung von 34 bis 37 Dezibel erreicht und gleichzeitig den Anteil durchsichtiger Flächen bis zu 72 Prozent erhält. Bisher verfügbare transparente Lärmschutzwände sind deutlich weniger effektiv in der Schallreduktion und daher entsprechend der gesetzlichen Vorgaben für den flächendeckenden Einsatz entlang der Schiene ungeeignet.
Das MetaWindow ist für Orte von hoher Sensibilität konzipiert, an denen hochabsorbierende Lärmschutzwände gesetzlich vorgeschrieben sind. Aufgrund des großen ortsbildprägenden Einflusses von Lärmschutzwänden betrifft dies vor allem Bahnstrecken in exponierter urbaner Lage, in touristischen Bereichen, in der Nähe von Wohnbebauung und in spektakulären oder geschützten Naturlandschaften. Davon profitieren Anwohnende genauso wie Reisende, die einen unverbauten Blick während der Zugfahrt haben. Das MetaWindow vermeidet die Zerschneidung von Sichtachsen und fügt sich besser in das Umgebungsbild ein. Das Einspruch- und Klageaufkommen beim Bau von Lärmschutzwänden kann so deutlich minimiert werden. Das wirkt sich wiederum direkt auch mit kürzeren Realisierungszeiträumen aus.
Das MetaWindow kostet aufgrund der aufwändigeren Bauweise mehr als eine herkömmliche Lärmschutzwand. Dies betrifft jedoch ausschließlich die reinen Materialkosten des Lärmschutzelementes und nicht die weiteren Kosten, die bei dem Bau einer Lärmschutzwand zum Tragen kommen wie beispielsweise Personal und Material für die Gründung und Montage. In Relation zu den gesamten Baukosten einer Lärmschutzwand sowie in Anbetracht des Einsparpotenzials durch zügigere Planfeststellungsverfahren aufgrund höherer Akzeptanzquoten kann der Mehrwert durch den Einsatz des MetaWindow die Mehrkosten deutlich überwiegen.
Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Bahn AG vom 15. Mai 2024, https://www.deutschebahn.com/de/presse/pressestart_zentrales_uebersicht/Mehr-Durchblick-weniger-Laerm-DB-entwickelt-innovative-transparente-Schallschutzwaende-12861336
Sollen die neuen transparenten Wände denn punktuell für die S4 eingesetzt werden oder tatsächlich relativ großflächig? Was ist mit den geplanten Wänden zwischen den Gleisen?
Details kenne ich noch nicht. Aber ich gehe angesichts der vielen stadtbildrelevanten Bereiche davon aus, dass der Einsatz der transparenten Lärmschutzwände entlang der S4 mehr als nur punktuell erfolgt.
Falls Sie da mehr zu rausfinden können, wäre das sehr interessant.
Ich werde berichten.
„ Und angeblich sind die neuen Wände auch nicht geeignet, bemalt zu werden“ Gibt es dazu mehr Informationen? Ich bezweifle das…
Leider hat man sich seitens Bahn und der anderen Handlungspartner nie damit auseinandergesetzt, dass in der Forschung längst Alternativen entwickelt wurden, die nur ca. 50-100 cm hoch sind, aber den gleichen Effekt erzielen. Sie absorbieren den Schall direkt dort, wo er entsteht, am Rad.
Die Wände sind nicht eben bzw. flach, wie die bisherigen Aluminiumelemente. Auf den Fotos unter dem folgendem Link kann man das besser erkennen: https://mediathek.deutschebahn.com/marsDB/de/instance/ko.xhtml?oid=7673609. Das betrifft vor allem die Innenseite der Wände, die besonders gerne bemalt werden. Das verhindert wohl, die Wände erkennbar zu bemalen. Mich würde allerdings wundern, wenn es nicht dennoch versucht wird.
Aber auseinandergesetzt mit dem Thema “Niedrige Lärmschutzwände” hat man sich seitens DB/Senat nicht?
Hier heißt es in der Richtlinie Lärmschutz bei Eisenbahnanlagen aus der Schweiz:
Eine LSW-Höhe von 2.00 m ab Schienenoberkante (SOK) gilt grundsätzlich als mit dem Orts- und Landschaftsbild vereinbar. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die effektive Höhe von LSW in Hanglagen, auf Stützmauern, Brücken oder Straßenunterführungen deutlich höher ausfällt. Im Einzelfall ist daher immer zu prüfen, ob sich eine angemessene Reduktion der LSW-Höhe aufdrängt bzw. rechtfertigen lässt.
LSW mit Höhen > 2 m ab SOK lassen sich ausnahmsweise rechtfertigen:
– bei hoher nächtlicher Lärmbelastung (Güterverkehrsstrecken), oder
– bei akustisch ungünstigen Konstellationen:
– große Distanz zwischen Lärmquelle und LSW (breites Gleisfeld) oder
– besonders exponierten Empfängerpunkten (hohe Gebäude; Gebäude in Hanglage).
– wo keine überwiegenden Interessen entgegenstehenden.
LSW-Höhen von mehr als 2.00 m sollten grundsätzlich nur nach Rücksprache mit den Fachbehörden der Gemeinde und des Kantons vorgesehen werden. Sind geschützte Ortsbilder und/oder Landschaften betroffen, sind frühzeitig das BAK bzw. das BAFU einzubeziehen. Das BAFU entscheidet, ob eine Begutachtung durch die EKD oder die ENHK zu erfolgen hat (vgl. Art. 7 NHG).
(https://www.bav.admin.ch/dam/bav/de/dokumente/richtlinien/eisenbahn/laermschutz-eisenbahnanlagen.pdf.download.pdf/Richtlinie-L%C3%A4rmschutz-Eisenbahnanlagen.pdf)
So hoch können Lärmschutzwände auch sein:
https://www.bav.admin.ch/bav/de/home/verkehrsmittel/eisenbahn/bahninfrastruktur/ausbauprogramme/weitere-ausbauprogramme/laermsanierung/_jcr_content/par/image/image.imagespooler.jpg/1601973429588/original/L%C3%A4rmsanierung.jpg
Die Schweizerinnen und Schweizer scheinen ein entspannteres Verhältnis zu ihrer Eisenbahn zu haben. In Deutschland sieht das leider etwas anders aus. Hier ist allein maßgebend, dass der im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) normierte gesetzliche Lärmvorsorgeanspruch erfüllt wird, wenn die Immissionsgrenzwerte, die von der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) vorgegeben werden, überschritten werden. Auf welche Weise das erreicht wird, ob mit niedrigen oder hohen Schallschutzwänden, ob überhaupt mit Schallschutzwänden oder ohne, geben Gesetz- und Verordnungsgeber nicht vor. Auf das Ergebnis kommt es an.
Moin Herr Buschhüter
Dann bleibt nur zu hoffen, dass die unkreativen Sprayer die transparenten Wände nicht verunstalten…..
Stefan Scheemann
In der Tat. Angeblich soll die Konstruktion verhindern bzw. vorbeugen, dass die Wände mit Graffiti beschmiert werden.