Am Mittwoch, 28. Februar 2018, entscheidet die Hamburgische Bürgerschaft über die Einführung eines neuen Feiertags in Hamburg. Eine Mehrheit der Abgeordneten unterstützt den 31. Oktober (Tag der Reformation), doch es gibt weitere Vorschläge: 8. März (Weltfrauentag), 8. Mai (Tag der Befreiung) und 23. Mai (Tag des Grundgesetzes). Ich unterstütze den 23. Mai als neuen Feiertag. Warum?
Pressemitteilung der Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft
Peri Arndt, Hendrikje Blandow-Schlegel, Ole Thorben Buschhüter, Gert Kekstadt, Uwe Lohmann, Jan Quast, Karl Schwinke, Dr. Tim Stoberock und Dr. Sven Tode
Im kommenden Jahr wird unsere Verfassung, das deutsche Grundgesetz, 70 Jahre alt. Das ist uns Anlass, den Tag der Verkündung unserer Verfassung, den 23. Mai, in der Bürgerschaftssitzung am 28. Februar 2018 als dauerhaften Feiertag vorzuschlagen.
Seit dem 23. Mai 1949 bildet das Grundgesetz das Fundament der Demokratie in Deutschland. An diesem Tag hat der Parlamentarische Rat das Gesetz feierlich verkündet. Neun Monate hatten die Mütter und Väter des Grundgesetzes intensiv beraten.
Das deutsche Grundgesetz ist damals auch als Reaktion auf den Nationalsozialismus entstanden. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte wurden fest verankert, um den Staat und die Gesellschaft künftig vor inneren Feinden zu schützen. Unmissverständlich formuliert das Grundgesetz den Vorrang der Grundrechte und ihre ewige, unabänderbare Gültigkeit für alle Menschen mit Auswirkungen auf alle anderen Gesetze und Rechtsnormen.
Es enthält ein klares Bekenntnis zu Europa. Bereits in seiner Präambel heißt es: „Von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“ Später wurde das deutsche Grundgesetz für viele Länder, die aus einer Diktatur kamen, zum Vorbild – darunter Spanien und Portugal. Die zentrale Norm des Grundgesetzes in Artikel 1 Absatz 1 – die Würde des Menschen ist unantastbar – wurde wörtlich in die europäische Grundrechtecharta übernommen. Auch viele Staaten außerhalb Europas orientierten sich am Grundgesetz der Bundesrepublik.
In der Aufklärung und im Humanismus verankert, weist die Verfassung in die Zukunft, ohne die Vergangenheit aus dem Blick zu verlieren. Legislative, Exekutive und Judikative bilden das Grundgerüst, das die parlamentarische Demokratie kennzeichnet und Wirkung in alle Zukunft entfaltet. In welcher Dimension und auf welcher Ebene auch immer, jedes gesellschaftspolitische Handeln kann auf die Verfassung mit den ihr innewohnenden Rechten und Pflichten zurückgeführt werden.
Mit seiner Etablierung als gesetzlichem Feiertag würde die Hamburgische Bürgerschaft ein Zeichen setzen, sich für Demokratie, Freiheit und Humanismus, für Vielfalt und ein gerechtes Miteinander einzusetzen. Und das in einer Zeit, in der wir daran erinnert werden müssen, was verloren gehen kann, wenn wir uns der Gefahren nicht bewusst sind.
Hamburg, am 22. Februar 2018
Lieber Ole!
Zunächst vielen Dank für die regelmäßige Zusendung von OTB News.
In der Ausgabe Nr. 154 v. 23.02.2018 hast Du u. a. den Vorschlag unterbreitet, den Verfassungstag 23. Mai als zusätzlichen gesetzlichen Feiertag einzurichten. Das ist ein guter Vorschlag und die Begründung ist bestechend.
Wir sind für den Tag der Reformation, also den 31. Oktober! Warum?
Im Luther-Jahr 2017 mit dem 31. Oktober als einmaliger Feiertag ist die Diskussion über die sehr unterschiedliche Zahl an gesetzlichen Feiertagen zwischen den norddeutschen und überwiegend protestantischen Bundesländern einerseits (9 Feiertage) und den süddeutschen Bundesländern (mit überwiegend katholischen Bürgern, 12 bis 14 Feiertage)) andererseits, neu belebt worden. Das war der Anlass dafür, den Vorschlag zu machen, den Reformationstag als gesetzlichen Feiertag in Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein einzuführen.
Die Einführung des 31.10. als gesetzlichen Feiertag würde das Nord-Süd-Gefälle etwas verringern. Der 23. Mai oder der 08. Mai, beide Vorschläge sind sehr gute Alternativen und müssten bundesweit realisiert werden. Nur die krassen Unterschiede zwischen Nord und Süd werden dadurch nicht behoben. Deshalb sind wir für den 31. Oktober als zusätzlichen Feiertag.
Aber das Eine schließt das Andere nicht aus. Wenn es darum geht, Lehren aus unserer Geschichte zu lernen, ist überlegenswert, ob wir den Tag der Befreiung, den 8. Mai, zusätzlich als Feiertag proklamieren. Wenn wir verhindern wollen, dass sich 1933 bis 1945 nicht wiederholt, müssen wir stets daran erinnern, nicht vergessen und nichts totschweigen und verdrängen.
Gruß
Ingrid und Gerhard Heimerdinger
Sehr geehrter Herr Buschhüter, ich hätte mir gewünscht, daß
sich die Rahlstedter Bürgerschaftsabgeordneten für den
Reformationstag entscheiden würden. Der Reformationstag
ist nicht nur ein theologischer Gedenktag, er hat auch sehr viel
mit den gesellschaftlichen Erneuerungen zu tun.
Mit freundlichen Grüßen
Erwin Jarchow
Sehr geehrter Herr Jarchow,
ich habe hier dargestellt, warum ich für den 23. Mai („Tag des Grundgesetzes“) als neuen Feiertag bin. Von meinen fünf Rahlstedter Kolleginnen und Kollegen unterstützen mehrere den 31. Oktober als „Tag der Reformation“ (nicht: „Reformationstag“, aber das müssen sie selbst erklären, was den Unterschied ausmachen soll).
In einer zunehmend säkularen Gesellschaft halte ich es nicht für notwendig, neben den bereits bestehenden sechs kirchlichen Feiertagen einen weiteren solchen als gesetzlichen Feiertag einzuführen. Unser Grundgesetz hat ganz gewiss auch sehr viel mit gesellschaftlichen Erneuerungen zu tun. Vor allem: Es ist die Grundlage dafür, dass wir seit über 70 Jahren in Frieden leben. Ich bin der Meinung, dass wir unsere Verfassung in jeder Hinsicht „hochhalten“ sollten. Wenn wir einen zusätzlichen Feiertag einführen wollen (es gibt ja auch Stimmen, die gänzlich dagegen sind), dann sollten wir ihn daher unserem Grundgesetz widmen. Auch diejenigen, denen ein (weiterer) „theologischer Gedenktag“ wichtig ist, sollten einem „Tag des Grundgesetzes“ doch etwas abgewinnen können: Denn das Grundgesetz erhebt in seinem Artikel 4 die Freiheit des Glaubens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses zum Grundrecht. Insofern wäre ein Tag des Grundgesetzes zugleich auch ein Tag der Glaubensfreiheit – aber eben für alle Glaubensrichtungen und Weltanschauungen und nicht nur für eine bestimmte Konfession.
So wie es aussieht, wird die Mehrheit der Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft für den 31. Oktober als neuen Feiertag stimmen. Wenn es so kommt, dann ist das auch in Ordnung. Denn es ist die demokratische Entscheidung der frei gewählten und nur ihrem Gewissen verpflichteten Abgeordneten.
Viele Grüße
Ole Thorben Buschhüter