Nicht in Rahlstedt, aber gleich nebenan im Jenfelder Teil der Siedlung Hohenhorst: Das Nahversorgungszentrum Berliner Platz soll neu gebaut werden. Zusätzlich sollen in neuen Obergeschossen etwa 140 Wohnungen entstehen. Nachdem bereits Anfang 2018 die Öffentlichkeit über das geplante Bauvorhaben informiert worden war, ging es lange nicht voran, weil Streitigkeiten mit Ladenmietern nicht geklärt waren. Nachdem diese Fragen nun vom Tisch sind, hat der Planungsausschuss der Bezirksversammlung Wandsbek am 3. September 2019 der Einleitung des Bebauungsplanverfahrens zugestimmt. Darüber hinaus hat er weitere Vorgaben für das weitere Verfahren beschlossen.
Durch den vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit der Bezeichnung „Jenfeld 28“ werden nun in den nächsten Monaten die planungsrechtlichen Voraussetzungen für einen vollständigen Ersatz der bestehenden Gebäude durch einen Neubau geschaffen. In den Erdgeschossen sollen Einzelhandelsnutzungen und in den Obergeschossen rund 140 Wohnungen errichtet werden, davon 30 Prozent öffentlich gefördert. In verschiedenen Geschossen sollen Räume für ergänzende Dienstleistungen und Praxen untergebracht werden. Erst nach Feststellung des neuen Bebauungsplans kann eine Baugenehmigung für den Neubau erteilt und danach mit dem Bau begonnen werden.
Für das weitere Verfahren hat der Planungsausschuss insgesamt 13 Maßgaben beschlossen: So müssen zum Beispiel nicht nur 30% der Wohnungen als Sozialwohnungen („öffentlich gefördert“), sondern 30% der Wohnungen müssen zudem barrierefrei realisiert werden. Außerdem müssen die Investoren sicherstellen, dass die für die am Standort existierenden Unternehmen und Arztpraxen gefundenen einvernehmlichen Lösungen gegenüber dem Bezirksamt schriftlich bestätigt und umgesetzt werden. Die Außenbeleuchtung muss insektenfreundlich sein und der Investor muss im ersten Jahr die Kosten für eine StadtRAD-Station an der Ecke Charlottenburger Straße/ Schöneberger Straße übernehmen. Einen Link zum vollständigen Beschluss mit allen 13 Punkten gibt es unten unter „Weitere Informationen und Quellen“.
In der Beschlussvorlage für den Planungsausschuss der Bezirksersammlung Wandsbek (BV-Drucksache 20-5165.1) wird das Vorhaben wie folgt beschrieben:
A. Anlass der Planung
Am Berliner Platz (Ecke Schöneberger/Charlottenburger Str.) besteht ein im Zusammenhang mit der Siedlung Hohenhorst errichtetes und später umgebautes Nahversorgungszentrum mit innenliegender Ladenpassage und zugehöriger zweigeschossiger Parkgarage. Die Bebauung entspricht in ihrer baulichen Erscheinung und ihrer Funktion nicht mehr aktuellen Anforderungen. Die Grundstücke sind angesichts der überwiegend nur eingeschossigen Bebauung vergleichsweise wenig ausgenutzt.
Der Projektentwickler Fa. Matrix (u.a. Marktplatz-Galerie Bramfeld) schlägt eine vollständige bauliche Neugestaltung des Standortes vor. Bestehende Einzelhandelsnutzungen sollen durch einen Neubau ersetzt, in diesen integriert und durch Wohnungsbau in den Obergeschossen ergänzt werden. Zur Realisierung des Konzepts ist die Aufstellung eines Bebauungsplans erforderlich.
B. Bebauungs- und Freiraumkonzept
Das Konzept des Projektentwicklers sieht eine mehrgeschossige Bebauung vor, welche sich um eine offene, an der Schöneberger Straße liegende Platzfläche gruppiert, die dem Parken, aber auch gelegentlichen Veranstaltungen und Aktionen dienen soll. Die Erdgeschosse sollen vollständig für verschiedene Einzelhandels- und ggf. Dienstleistungsangebote genutzt werden, die insbesondere von der davor liegenden Platzfläche aus erreichbar sind. Der Einzelhandel soll sich damit stärker als heute dem öffentlichen Raum zuwenden. Die Bücherhalle soll wieder einen Standort im Nahversorgungszentrum erhalten.
Über dem Einzelhandel sind Wohnungsbaugeschosse für etwa 140 Wohneinheiten vorgesehen, davon mind. 30% öffentlich gefördert nach dem ersten Förderweg. Im mittleren und östlichen Bereich sieht das Konzept drei Vollgeschosse für Wohnnutzungen bzw. zur Schöneberger Straße Flächen für Arztpraxen und Dienstleistungsgewerbe/Büros vor. Die Konzeption greift damit die in der Umgebung vorhandenen, unterschiedlichen Gebäudehöhen auf und betont die Südwestecke an der Straßenkreuzung mit einer punktuell höheren Bebauung.
Zusätzlich zu den Parkmöglichkeiten auf der ebenerdigen Platzfläche ist eine Tiefgarage für Einzelhandelsnutzer und Bewohner vorgesehen. Eine Zu- und Abfahrt ist im Bereich der heutigen an der Schöneberger Straße liegenden Zufahrt vorgesehen. Fußgänger erreichen die Einzelhandelsnutzungen von angrenzenden Straßen oder über einen die Platzfläche rahmenden Fußgängerbereich. Die Obergeschosse sollen direkt über innenliegende Treppen oder Aufzüge oder alternativ über den privaten Bereich über der Einzelhandelsebene erreichbar sein. Dieser dient auch als privater Freiraum und zur Unterbringung von Kinderspielflächen.
Die obersten Dachflächen sollen als Gründächer ausgeführt und durch Solaranlagen genutzt werden. Das Vorhaben soll in einem besseren Energiestandard als gesetzlich vorgeschrieben (EnEV) umgesetzt werden. Es sind 30% mehr barrierefreie Wohnungen und 20% mehr Fahrradstellplätze als gesetzlich gefordert geplant. 10% der Fahrradstellplätze und der PKW-Stellplätze werden mit einer Elektro-Ladeeinrichtung ausgestattet. Die Außenbereiche sollen mit heimischen Gehölzen in hoher ökologischer Qualität bepflanzt werden.
Für kleinere Gewerbebetriebe, die in den Neubau wieder einziehen, sollen Interimslösungen gefunden werden. Die großen Nahversorgungsnutzer haben gegenüber Fa. Matrix erklärt, keiner Zwischenlösung zu bedürfen. Die Versorgung der Wohnbevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfs wird während der Bauphase u.a. durch den bestehenden REWE- sowie Lidl-Markt an der Schöneberger Straße gewährleistet sein.
C. Plangebiet, Geltendes Planrecht, Planbedarf
Das Plangebiet umfasst die Flächen des Vorhabens sowie östlich davon ein bestehendes 13-geschossiges Hochhaus im Eigentum der SAGA/GWG. Im Erdgeschoss des Hochhauses liegen kleinteilige Einzelhandelsnutzungen, die übrigen Geschosse werden zum Wohnen genutzt.
Das Hochhaus und der Großteil des zugehörigen Grundstücks werden als sog. Arrondierungsflächen in das Plangebiet einbezogen und bestandsorientiert festgesetzt; es ist also nicht Teil des Vorhabens der Fa. Matrix.
Die Grundstücksflächen im Bereich des Vorhabens sind im geltenden Baustufenplan Rahlstedt als Wohngebiet mit einem zulässigen Vollgeschoss in offener Bauweise (W 1 o) festgesetzt; zur Realisierung des Vorhabens ist daher die Schaffung neuen Planrechts erforderlich.
Im Flächennutzungsplan ist das Plangebiet als Wohnbaufläche dargestellt, und das Landschaftsprogramm stellt für das Plangebiet „Etagenwohnen“ dar. (…)
Weitere Informationen und Quellen:
Beschluss des Planungsausschusses vom 3. September 2019, „Nahversorgungszentrum Berliner Platz ökologisch und sozial gestalten“, auf Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion Die Grünen: https://sitzungsdienst-wandsbek.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1010751
Beratungsvorlage des Bezirksamts für die Sitzung des Planungsausschusses am 3. September 2019: https://sitzungsdienst-wandsbek.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1007719
Protokoll der Öffentlichen Plandiskussion vom 22. Januar 2018: https://sitzungsdienst-wandsbek.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1007980
Pressemitteilung des Bezirksamts Wandsbek vom 10. Januar 2018: http://www.hamburg.de/wandsbek/pressemitteilungen/10234388/2018-01-10-oeffentliche-plandiskussion-jenfeld-28/
Beratungsvorlage des Bezirksamts für die Sitzung des Planungsausschusses am 5. Dezember 2017: https://sitzungsdienst-wandsbek.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1007550
Hallo Herr Buschhüter,
bzgl. der erforderlichen B-Planung würde ich sehr begrüßen, wenn in der Vergangenheit in anderen Vorhaben begangene Planungsfehler in diesem Fall nicht wiederholt werden würden:
Im zu erstellenden Verkehrsgutachten müssen alle (!) Verkehrsarten berücksichtigt werden und quantitativ korrekt angesetzt bzw. prognostiziert werden. D.h. konkret Fußverkehr, Radverkehr, MIV, Lastverkehr und ÖPNV.
Das beginnt damit, dass bei der Verkehrszählung zur Ist-Aufnahme nicht nur lediglich KFZ gezählt werden (so als gäbe es keine Fußgänger und Radfahrer, vgl. Negativ-Beispiel Spitzbergenweg) und gilt folglich weiter für die darauf aufbauenden Prognosen und Berechnungen (z.B. Knotenpunktsimulationen). Hier ist auch zu berücksichtigen, dass Radverkehr auf der Fahrbahn stattfindet bzw. Radverkehrsanlagen gem. dem Stand der Technik errichtet werden müssen (dort keine Radwege-Benutzungspflicht).
Dass natürlich die neuen Bewohner und zukünftigen zusätzlichen Kunden über alle Verkehrsarten hinweg fachgerecht prognostiziert und in den Berechnungen beachtet werden müssen, sollte selbstverständlich sein.
Ebenso die Berücksichtigung des Rad- und Fußverkehrs durch Schüler der benachbarten Grundschule.
Zudem sollte bewusst eine vorausschauende Verkehrsprognose zugrunde gelegt werden, mit zunehmendem Fuß-, Rad- und Busverkehr (Stichwort Hamburg-Takt! An der Stelle auch der Hinweis, zu prüfen, hier eine moderne Bushaltestelle anstelle der ungünstigen Busbucht vor dem REWE/LIDL zu errichten).
Im Ergebnis dieses Verkehrsgutachtens müssen die Straßenbegrenzungslinien angemessen festgelegt werden, so dass im Straßenraum ausreichend Platz für alle Verkehrsteilnehmer vorhanden ist, mindestens unter Berücksichtigung der aktuellsten Regelwerke für die Bemessung von Gehwegen und Radverkehrsanlagen, wobei es einer Neuplanung unwürdig wäre, hier lediglich die notgedrungenen Mindestmaße anzusetzen.
Diese dürfen nicht als zweitrangige „Nebenflächen“ betrachtet werden.
Erforderlichenfalls müssen Straßenbegrenzungslinien neu und gegenüber dem status-quo anders gefasst werden.
Wer dazu in der Bauleitplanung die einmalige Chance verpasst und faule Kompromisse eingeht, darf sich zusammen mit allen Bürgern und Anwohnern dann im Alltag die nächsten 30 – 50 Jahre jeden Tag darüber ärgern.
Dass hierbei die langfristigen Interessen des Allgemeinwohls (guter Verkehrsraum für alle Bürger) im Zweifel über den kurzfristigen Interessen des Investors (Maximierung der monetarisierbaren Baufläche) stehen müssen, sollte für eine sozialdemokratische Partei Selbstverständlichkeit sein.
Bauleitplanung ist ein wesentliches Instrument der mittel- und langfristigen Stadtplanung, mit entsprechend politischem Gestaltungsspielraum, den es gemäß dem Primat der Politik zu nutzen gilt.
Obwohl der Investor das vorhabenbezogene B-Planverfahren betreibt und die Gutachten bezahlt, erwarte ich als Bürger, dass sich die Politik und die in ihrem Sinne handelnde Verwaltung nicht über den Tisch ziehen lässt!
Sehr geehrter Herr Havran,
vielen Dank für Ihre wertvollen Anregungen zum Bebauungsplan-Verfahren Jenfeld 28/Berliner Platz. Das hört sich sehr vernünftig an. Ich habe die Anregungen zuständigkeitshalber an die SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung Wandsbek weitergegeben, die die Sache im weiteren Planungsverfahren beraten und aufgreifen kann.
Viele Grüße
Ole Thorben Buschhüter
Sehr geehrter Herr Havran,
Ihre Anregungen wurden an die befassten Planer/Gutachter weitergegeben.
Viele Grüße
Ole Thorben Buschhüter