Seit Ende August liegt für den ersten Bauabschnitt der neuen S-Bahn-Linie S4 nach Marienthal, Tonndorf, Rahlstedt, Ahrensburg, Bargteheide und Bad Oldesloe der so genannte Planfeststellungsbeschluss vor. Gegen ihn wurden vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine Klage und zwei Eilanträge eingereicht. Der Planfeststellungsbeschluss ist aufgrund gesetzlicher Anordnung sofort vollziehbar, das heißt die Bahn darf trotz der Klage mit den bauvorbereitenden Maßnahmen beginnen. Die Eilanträge zielen darauf ab, die sofortige Vollziehung aufzuheben, was einen Baustopp bedeuten würde. Bis zur Entscheidung über die beiden Eilanträge, mit der in den nächsten Wochen gerechnet wird, hat die Bahn den Beginn mit bauvorbereitenden Maßnahmen wie vom Gericht gewünscht zurückgestellt.
Hierzu erklärt Ole Thorben Buschhüter, verkehrspolitischen Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion: “Natürlich hätte ich mir nach den vielen Jahren der Planung einen sofortigen Baubeginn für die S4 gewünscht. Auf der anderen Seite ist es das gute Recht der Anliegerinnen und Anlieger, die Rechtmäßigkeit des Projekts gerichtlich überprüfen zu lassen. Dass die DB nun erst einmal abwartet, bis das Bundesverwaltungsgericht eine Entscheidung über die Eilanträge getroffen hat, ist nur vernünftig. Darüber wird es bald Klarheit geben und auf die paar Wochen kommt es nun auch nicht mehr an. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Klage den Bau der S4 am Ende nicht aufhalten wird. Die Mobilitätswende in Hamburg braucht die neue S-Bahn-Linie S4 nach Marienthal, Tonndorf, Rahlstedt, Ahrensburg, Bargteheide und Bad Oldesloe. Die DB hat eine gute und gut begründete Planung vorgelegt. Der Bau der S4 ist längst überfällig.”
Der Planfeststellungsbeschluss kann hier heruntergeladen werden: https://www.eba.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/PF/Beschluesse/Hamburg/51_Hamburg-BadOldesloe_S4_PFA_1.pdf?__blob=publicationFile&v=6
Foto (Copyright): Christian Hinkelmann, http://www.bahn-bus-bilder.de
Hintergrund
Die Bahnstrecke zwischen Hamburg und Bad Oldesloe ist eine der am meisten befahrenen Pendlerstrecken rund um die Hansestadt. Um viele Bereiche im Osten der Stadt und das nordöstliche Umland besser anzubinden, soll die S4 gebaut werden – für zuverlässigere Verbindungen, weniger Umstiege und mehr Komfort. Und nicht zuletzt als wichtiger Beitrag zur Mobilitätswende in unserer Stadt, bei der Bahnen und Busse im Sinne des Klimaschutzes eine größere Rolle spielen werden. Prognostiziert wird nahezu eine Verdreifachen der Fahrgastzahlen im Vergleich zur heutigen Regionalbahn-Linie RB81. Auch der Hamburger Hauptbahnhof als bisheriges „Nadelöhr“ wird entlastet und der S-Bahnverkehr in die Innenstadt noch weiter verstärkt.
Das Projekt S4 beinhaltet den Bau einer zweigleisigen S-Bahn-Strecke von Hasselbrook bis Ahrensburg und den Bau einer eingleisigen S-Bahn-Strecke von Ahrensburg bis Ahrensburg-Gartenholz. Zwischen Hamburg-Altona und Hasselbrook soll sie die bereits vorhandenen S-Bahn-Gleise (S1/S11) mitnutzen, zwischen Ahrensburg-Gartenholz und Bad Oldesloe die Fernbahngleise. Die S4 wird dann zwischen Hamburg-Altona und Ahrensburg in der Hauptverkehrszeit im 10-Minuten-Takt fahren, bis Bargteheide im 20-Minuten-Takt und bis Bad Oldesloe im Stundentakt. Für die S4 sollen zudem zusätzliche Haltestellen errichtet werden, in Hamburg sind das Wandsbek Rathaus, Bovestraße, Holstenhofweg und Pulverhof. Die RB81 wird durch die S4 ersetzt. So ergibt sich eine bessere Ausnutzung der beschränkten Kapazitäten des Hamburger Hauptbahnhofs, dessen Fern- und Regionalbahnteil überlastet ist, während die S-Bahn-Gleise noch zwei weitere Linien, eine davon die S4, aufnehmen können.
Das Projekt S4 wurde 2018 in den “Vordringlichen Bedarf” des Bundesverkehrswegeplans hochgestuft. Ende 2019 erfolgte dann die Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund, Bahn, Hamburg und Schleswig-Holstein. Der Bund übernimmt mit rund 84 Prozent einen Großteil der auf 1,847 Milliarden Euro geschätzten Gesamtkosten.
Das Projekt S4 erklärt in 100 Sekunden
Die Deutsche Bahn stellt auf ihrer Website www.s-bahn-4.de weitere umfangreiche Informationen zum Projekt S4 zur Verfügung. Außerdem kann dort ein Newsletter abonniert werden, so dass man keine Neuigkeiten mehr verpasst: https://www.s-bahn-4.de/de/news-service/newsletter.html. Tipp: In einem Film wird das Projekt S4 und sein Nutzen für Hamburg und Schleswig-Holstein in 100 Sekunden anschaulich erklärt. Anklicken und anschauen:
Hamburg hätte sich damals für die Gütertrasse entlang der A1 entscheiden können – im Sinne der Awohner der Bestandstrecke durch Hamburg. Das aber wurde abgelehnt, um sich so die S4, die als Zugabe für den wachsenden Schienengüterverkehr durch Hamburg in Verbindung mit der Fehmarnbeltquerung versprochen worden war, günstig zu sichern. Ist ja schön einfach. Stimmt es so nicht?… Die Planungen für das Projekt ‘A1’ sind gut durchdacht und würden nicht zu einer weiteren Lärmbelastung für Bewohner Hamburgs führen. Keine Metropole Europas würde freiwillig eine solche Gütertrasse mitten durch ein Stadtgebiet planen. Für Deutschland gibt es gute Beispiele für gelungene Realisierungen von Gütertrassen entlang von Autobahnen. In Hamburg dieser Wahnsinn: Enteignungen, Zerstörung von Vegetation, eine über Jahre existierende Mammutbaustelle, eine dauerhafte Minderung der Wohnqualität für zahlreiche Anwohner! Ja, es fahren seit vielen Jahrzehnten Güterzüge durch den Bezirk Wandsbek, aber der Status Quo dürfte für die Anwohner erträglich sein. Dabei bliebe es im Falle der Ertüchtigung dieser Strecke jedoch nicht; Schutzwände wuerden den Lärm nur (unzureichend mildern) können. Schienengüterverkehr gehört nicht in eine Stadt, wenn es – wie hier – Alternativen gibt.
Nein, so stimmt es nicht. Schienengüterverkehr findet auf der Strecke Lübeck – Hamburg seit 156 Jahren statt. Es war seit vielen Jahrzehnten das Ziel Hamburgs, die Strecke um separate S-Bahn-Gleise zu ergänzen. Zwei separate S-Bahn-Gleise wären auch dann erforderlich, wenn es zwischen Lübeck und Hamburg gar keinen Schienengüterverkehr gäbe. Denn schneller Personenfern- und -regionalverkehr verträgt sich nicht mit einer S-Bahn, die im 10-Minuten-Takt fahren und an zusätzlichen Stationen halten soll.
Daher wird hier keine neue “Gütertrasse” durch Stadtgebiet geplant und gebaut, denn die ist schon längst da. Eine Neubaustrecke entlang der A1 wäre mit 40 km doppelt so lang wie die S4-Neubaustrecke zwischen Hasselbrook und Ahrensburg-Gartenholz und würde ebenso teilweise durch Stadtgebiet verlaufen und zahlreiche weitere Siedlungsgebiete berühren – nur halt nicht vor der eigenen Haustür. Ganz abgesehen von umfangreichen Waldgebieten entlang dieser sogenannten Alternativ-Trasse, die augenscheinlich ein Vielfaches an Baumfällungen erfordern würden.
Die geplanten Lärmschutzmaßnahmen im Zuge des S4-Baus werden, trotz zunehmenden Güterverkehrs, insgesamt zu einer Lärmminderung für die Anwohnerinnen und Anwohner im Vergleich zur aktuellen Situation führen. Prognostiziert werden zukünftig 84 Güterzüge pro Tag. Es gibt auch Stimmen, die meinen, die prognostizierten Güterzugzahlen seien zu hoch angesetzt. Zur Veränderung der Schallsituation entlang der Strecke empfehle ich folgenden Link: https://www.s-bahn-4.de/de/laermschutz/veraenderung-schallsituation.html
Hallo Herr Buschhüter,
ich vermisse in diesem Zusammenhang einen Hinweis auf die europäische Güterstrecke (TEN), welche direkt durch Hamburger Wohngebiete und auch insbesondere durch Rahlstedt verlaufen wird. Es wäre doch klasse, wenn Sie alle Bürger über den Sachstand informieren könnten. Dies würde verdeutlichen, dass der Bedarf an zusätzlichen Gleisen für die S4 nur aufgrund der europäischen Güterstrecke entsteht.
Sehr geehrte Frau Wiechmann,
vielen Dank für Ihre Anregung, die ich gerne aufgreife. Wobei der Schienengüterverkehr zwischen Lübeck und Hamburg ein Thema ist, das hier nicht zum ersten Mal behandelt wird.
Die Strecke Lübeck-Hamburg ist bereits seit mindestens zehn Jahren Bestandteil des Skandinavien-Mittelmeer-Korridors der Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN). Daran wird sich auch nichts ändern, wenn die S4-Gegner sich durchsetzen und es ihnen wider Erwarten gelingen sollte, den Bau zusätzlicher Gleise für die von vielen lang ersehnte neue S-Bahn-Linie S4 doch noch zu verhindern.
Auf der vorhandenen zweigleisigen Strecke ist noch Platz für deutlich mehr Güterverkehr, der den Engpass Hauptbahnhof ja nicht berührt. Eine S-Bahn, die im 10-Minuten-Takt fahren und an zusätzlichen Stationen halten soll, braucht hingegen zwingend eigene Gleise. Ihre Schlussfolgerung, der Bedarf an zusätzlichen Gleisen für die S4 entstehe nur aufgrund der europäischen Güterstrecke, ist daher falsch. Das Gegenteil ist der Fall.
Wenig seriös erscheint es mir, wenn beklagt wird, dass eine Eisenbahnstrecke, auf der seit über 150 Jahren Güterverkehr stattfindet, durch Hamburger Wohngebiete führt, um dann als Alternative zu empfehlen, eben diese Eisenbahnstrecke zukünftig durch Billstedt zu führen, wie es die S4-Gegner tun – ganz so, als handele es sich bei Billstedt nicht auch um ein Hamburger Wohngebiet.
Mit freundlichen Grüßen
Ole Thorben Buschhüter
Zugleich würde Ahrensburg seinen RE-Halt verlieren, und der geplante RE-Halt in Hasselbrook würde so verhindert. Und die Güterzüge werden durch eine EU-Verordnung sehr, sehr leise, leiser als ein 40 Tonner LKW. Das ist den S4 Gegnern egal, und die meinen sogar, dass Billstedt kein Problem wäre, da wohnen ja keine Hamburger!!
Zu dem Thema “Infrastruktur bauen, nur bitte nicht bei mir” hat Johannes Kirchberg neulich auf dem Hamburger Theaterschiff einen treffenden Kommentar gesungen. Das Stück lohnt anzuhören, es ist unter https://www.youtube.com/watch?v=jJLeWFdQ-4A zu finden.
Vielen Dank für den sehr passenden Musiktipp!