Im Herbst 2010 wurde auf Initiative des SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Ole Thorben Buschhüter in Rahlstedt ein Stolperstein zum Gedenken an Rudolf Lüdemann verlegt. Lüdemann, der zur Zeit der Weimarer Republik u.a. Gemeinderatsmitglied in Rahlstedt, Kreistagsmitglied in Stormarn und stellvertretender Vorsitzender der SPD Stormarn war, lebte im Haus “Am Pulverhof 46” in Rahlstedt, das vor dem Groß-Hamburg-Gesetz von 1937 noch ein Teil des Kreises Stormarn war. Die heutigen Eigentümer des Hauses, Peter Balzer und Petra Schiffler, die in dem Gebäude eine Kindertagesstätte betreiben, haben zudem einen Schaukasten aufgestellt, in dem über die Biografie des von den Nazis verfolgten Sozialdemokraten informiert wird.
Viele Nachfahren Lüdemanns, dessen Frau nach dem Krieg bei der SPD und der AWO in Rahlstedt viele Jahre aktiv und bekannt war, nahmen an der Gedenkveranstaltung teil, darunter auch einige Enkel und Urenkel. Auch Sozialdemokraten aus Rahlstedt und Stormarn waren gekommen: Buschhüters Bürgerschaftskollege Günter Frank und weitere Vertreter der SPD-Distrikte Rahlstedt, Meiendorf, Oldenfelde und Tonndorf, der SPD-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Martin Habersaat, Reinhard Mendel als Vorsitzender der Stormarner Kreistagsfraktion sowie seine Stellvertreterin Sigrid Kuhlwein und Heinz Hartmann als stellvertretender Kreispräsident. Darüber waren viele Nachbarn und Eltern der Kita-Kinder zu Gast, ebenso wie Vertreter vom Rahlstedter Kulturverein und den Bürgervereinen. Ulrich Bentfeld, ehemals Lehrer am Gymnasium Rahlstedt, würdigte das Leben Lüdemanns, der sich stets für ein besseres menschliches Zusammenleben einsetzte.
Rudolf Lüdemann, geboren 1885 in Billwärder, war gelernter Tischler. Als solcher fand er Kontakt zur Arbeiterbewegung und trat 1905 der SPD bei. Bildung war seit der Gründung der SPD immer eines ihrer Kernthemen, „Aufstieg durch Bildung” spielte auch im Leben Lüdemanns eine wichtige Rolle. Er nutzte Fortbildungsangebote der Partei und seiner Gewerkschaft, förderte das Volkshochschulwesen. 1918 wurde Lüdemann zum Beigeordneten des Stormarner Landrats gewählt, wurde Kreistagsabgeordneter und Mitglied des Kreisausschusses. Er gab seinen Beruf als Tischler auf, wurde Beamter und leitete in der Folge das Wohnungs-, Arbeits- und Wohlfahrtsamt des Kreises Stormarn.
Doch 1933 ergreifen die Nationalsozialisten sich die Macht in Deutschland, in Stormarn setzen sie den Landrat Constantin Bock von Wülfingen ein. Dieser entlässt den Sozialdemokraten Lüdemann. Es sei nicht gewährleistet, dass dieser die Regierung Hitler unterstütze. Wie wahr… Die SA „verhört” Lüdemann, er wird in Schutzhaft genommen. Sein Haus „Am Pulverhof 46″ muss er verkaufen, um seine Familie ernähren zu können. 1943 stirbt Lüdemann.
Die Stolpersteine sind eine Idee des Künstlers Gunter Demnig. Messing-Gedenktafeln, die in den Boden eingelassen werden, sollen an das Schicksal von Menschen erinnern, die unter dem Nationalsozialismus gelitten haben. Sie werden vor den letzten frei gewählten Wohnorten der Opfer installiert. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hatte im letzten Jahr anlässlich des Holocaustgedenktages beschlossen, 45 Stolpersteine zum Gedenken an in der NS-Zeit verfolgte Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zu stiften. Ole Thorben Buschhüter: „Damit wollen wir unseren Beitrag dazu leisten, dass die Namen der Opfer von nationalsozialistischer Gewalt im Hamburger Stadtbild sichtbar bleiben – als Erinnerung und Mahnung gleichermaßen.“
„Rudolf Lüdemann war ein Sozialdemokrat, der sich aufopferungsvoll und mit viel Herzblut für die Schwächeren in der Gesellschaft eingesetzt hat und das unter schwierigsten Bedingungen. Sein großes Engagement und seine Lebensleistung sollten nicht in Vergessenheit geraten“, sagt Buschhüter, der die Patenschaft für den Stolperstein übernommen hat.
Martin Habersaat: „Es ist ein interessanter Zufall, dass wir auf einem Kreisparteitag im Oktober auf 90 Jahre SPD Stormarn und das Wirken des ersten Kreisvorsitzenden, Luis Biester, zurückblicken und einen Monat später nun die Sozialdemokraten in Hamburg an das Leben und Wirken seines Stellvertreters Rudolf Lüdemann erinnern. Beschäftigung mit der Geschichte schärft auch den Blick für die Zukunft. Und die SPD kann stolz auf ihre nun bald 150jährige Geschichte sein.“
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